Familie aus philosophisch-weltlicher Sicht.
von Liane Rohn
Wie sahen die Philosophen Familie? Wie entwickelten sich Veränderungen und wohin?
Als ich Kurt Tucholskys Glosse 1923/24 (Quelle) über die Familie las, habe ich gelacht, gestaunt und mich schließlich nicht gefragt, wieso ich nicht überrascht war vom eigentlichen Kern jedes einzelnen Satzes. Irgendwie war ich froh, dass T. von Familie schrieb und nicht wie Fr. Nietzsche, der sich nicht erklären konnte, weshalb die Griechen ihre Verwandten als Freunde bezeichneten, für sie vielmehr der Superlativ des Wortes Freund war. Für Tucholsky war Familie einfach nur exklusiv, mit vielen Augenzwinkern! Quelle: T. Essays und Glossen.
Unterscheidung
Wenn sie Liebe, Achtung und Vertrauen vermissen lassen, kann man sich von
Freunden trennen. Das Kind seiner Eltern, und Eltern seiner Kinder bleibt man
ein Leben lang.
Für Kierkegaard ist Familie Nähe, enges Verbundensein, aber auch Regeln oder
Distanz, Geheimnisse wahren, Akzeptanz ist nicht nur ein Geflecht von
Beziehungen, sondern ein eigenes Ganzes.
Für den Soziologen Eberhard Schockenhoff ist Familie das Grundmodell des
sozialen Zusammenlebens und ein natürliches Sozialgebilde.
Und im Gegensatz zu Platon, für den die Familie (diesen Begriff gab es noch gar
nicht) nicht autonom, nicht frei war, ist sie in unserer heutigen Gesellschaft
im Grundgesetz (6/1) geschützt. Und im EU-Recht steht die Familie und nicht die
Ehe im Vordergrund.
Begriff
Den Begriff Familie gibt es erst seit dem 18. Jahrhundert. Davor stand der
Begriff des Hauses im Zentrum - orios griechisch Haus.
Familie/Haus ist also die Urform menschlicher Gemeinschaft, oder kleinste
soziale Einheit der Gesellschaft - oder Grundmodell sozialer
Zusammengehörigkeit - oder alles
zusammen.
Die Philosophen Demokrit, Platon, Aristoteles auch Kant, die alle Großfamilien entstammten, lebten,
außer Kant bereits in "Patchworkgemeinschaften". Sie starben hochbetagt und scheinen in einer
gesunden Lebensgemeinschaft gewesen zu sein. Und Hegel (1850) beschrieb die
Familie als das sittliche Fundament des menschlichen Zusammenlebens.
Wie stellt sich Familie in der modernen Gesellschaft dar?
Bis zum 19. Jahrhundert galt Familie hauptsächlich als eine Form des
Miteinanderlebens, die vornehmlich durch Wirtschaftlichkeit geprägt war.
Ursprünglich stammt der Begriff aus dem lateinischen famulus, drückt
Besitzstand des patre familias aus.
Nicht nur Frau und Kind sondern Vieh und Dienstboten zählten dazu.
Die traditionelle Familie wie wir sie kennen, entstand (wurde erfunden) im bürgerlichen19. Jahrhundert. Die
beginnende Rollenverteilung war dergestalt: Vater/Mann sorgt fürs
"Einkommen" zum "Auskommen". Die Mutter/Frau, meist ohne
Beruf, ist für den innerfamiliären Bereich zuständig - das Heim, die
Kindererziehung.
Veränderungen
Dass sich die Familie nicht überlebt hat, verdankt sie ihren vielfältigen
Veränderungen im Laufe von Jahrzehnten.
Patricia Wolf (Quelle) meint, nach der Familie kommt die Familie. Facettenreich
weiterentwickelt: vom kinderlosen zum
Einpersonenhaushalt, Wohngemeinschaften, Fernbeziehungen, ist Familie eine sich
ständig wandelnde Gesellschaftsform.
Vornehmlich in den "Industriealisierungstendenzen" zeigt sich in den
60er Jahren die Auswahl und Entscheidungsvielfalt, die weitreichende Veränderungen der Familien mit sich brachten
und noch immer bringen werden.
Ulrich Beck (Quelle) beschreibt diese Art von "Entwicklungsschüben"
beispielsweise ab der 80er Jahre, als Ausbruch aus einem festgefügten und engen Lebenskorsett, in die
"verheißungsvolle Vielfalt,"
und die scheint jetzt nicht nur
geboten zu sein.
Zusammenfassung
So wie sich die Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur fortwährend verändert,
wandelt sich auch die Familie. Und wie
sich die Arbeitswelt ständig
verändert, schlägt sich diese Entwicklung zukunftweisend auch in der
Rollenverteilung zwischen Mann und Frau nieder. Familie hat dann eine Zukunft,
wenn es Vereinbarkeit zwischen Berufs- und Privatleben gibt.
Eine moderne Gesellschaft im 3. Jahrtausend sollte das schaffen.
Quellen.
Tucholsky: Essays und Glossen Jahrgang 1923/24
Patricia Wolf und Ulrich Beck,
www.tagesspiegel.de/berlin,Familie
Eberhard Schockenhoff Familie = Grundmodell
Kommentare