Wege der polnischen Literatur - eine Station: Lodz
von Roma Szczocarz
Wladyslaw Stanislaw Reymont
Ich beginne mit einer kurzen Erklärung, warum ich die damalige Textilmetropole
Lodz als eine Haltestelle an den Strecken der polnischen Literatur darstellen will.
Der polnische Nobelpreisträger Wladyslaw Stanislaw Reymont stammte aus einem
Dorf bei Radomsko in der Nähe der Stadt Lodz und Reymonts Werke sind thematisch
eng mit der Stadt Lodz und der Lodzer Umgebung verbunden. Reymonts Romane
besitzen einen einzigartigen Charakter und sind von eigenen Erfahrungen des
Autors, aber auch von der polnischen Mentalität geprägt.
Die polnischen Literaturnobelpreisträger
Lebensweg
Wladyslaw Stanislaw Reymont wurde am 7. Mai 1867 als Sohn eines Organisten im Dorf
Kobiel bei Radomsko geboren.
Der zukünftige Schriftsteller ist in einem Bauerndorf aufgewachsen, und das
merkt man beispielweise seinem Buch “Die Bauern“ in jedem Satz an.
Seine Eltern wollten Reymont eine gute Ausbildung als Organist geben. Aber
Wladyslaw wollte nicht lernen, er wollte nur durch Polen und Europa reisen,
immer unterwegs sein. Er war bei Wander-Theatergruppen als Schauspieler beschäftigt,
er beschrieb seine Erfahrungen im Roman “Die Komödiantin“.
Erst mit 31 publizierte er seinen ersten Roman. Schließlich arbeitete er als
Helfer bei der Warschauer-Wien Eisenbahn.
Er war 23 Jahre mit Aurelia Szablowski verheiratet. Reymont als Literat gehörte
zum Kreis der Dichter der Vereinigung „Junges
Polen“.
Junges Polen
Das Nationalepos „Die Bauern“
Die Werke von Reymont sind thematisch vielfältig, aber so eng durch polnische
Geschichte, Tradition und Mentalität geprägt, dass sie nicht gut weltweit verständlich
sind.
Der Roman “Die Bauern“ trug Reymont 1924 den Nobelpreis für Literatur ein.
Dieser Roman schildert ein realistisches Bild des masurischen Bauerndorfs
Liepce und seiner Bewohner.
Im Buch gibt es zwei Hauptmotive: Das Drama der Hofbauernfamilie Boryna und das
Drama des Dorfes selbst.
Der Inhalt
Und so, vor dem Hintergrund der Landschaft und sehr schönen lyrischne
Naturbeschreibungen - entwickelt sich das Drama der Familie Boryna und der Revolte
der Bauern, der Leidenschaften und Intrigen. Das Leben in einem polnischen Dorf
des 19. Jahrhunderts wurde von Reymont sehr genau beschrieben, ohne zu langweilen.
Die Figuren mit ihren guten und schlechten Eigenschaften sind authentisch und
glaubhaft.
Ein wichtiger Teil des Buches ist die Darstellung der tiefen polnischen Frömmigkeit,
die der Autor als Teil des Menschenlebens sieht. Dieses Buch bietet einen umfassenden
Blick auf polnische Traditionen und nationale Identität. Leider ist dieser
Roman, der durch die Nobelpreisakademie ausgezeichnet wurde, weitgehend unbekannt.
Es wäre schön, wenn Reymont als wichtiger Autor des 20. Jahrhunderts wieder
entdeckt würde.
„Das gelobte Land“
Die literarischen Kritiker behaupten immer, dass das Buch mit dem ironischen
Titel „Das gelobte Land“, in dem Reymont die Stadt Lodz am Ende des 19. Jh.
genial beschrieb, das beste Buch dieses Autors sei. Reymont skizzierte ein
authentisches Bild der Textilindustriestadt Lodz und ihrer Bewohner. Die Stadt
war damals durch das Zusammenleben von Polen, Deutschen und Juden geprägt. Die
unterschiedlichen Kulturkreise, die damals in der Stadt existierten und wirtschaftlich
miteinander konkurrierten, wurden sehr kritisch von Reymont beschrieben, ebenso
wie die wahrhaft prächtigen Paläste neben den Slumquartieren. Im Kern erzählt der
Autor die Geschichte der drei Studienfreunde, deren Ziel es ist, “um jeden
Preis großes Geld zu machen“.
Das Buch des polnischen Literaturnobelpreisträgers wurde 1974 durch Andrzej
Wajda ausgezeichnet verfilmt.
Eine Rezension über den Film:
„Ein episch breites Gesellschaftspanorama oft grell naturalistisch und in
exzessivem Stil entfaltet“. Reymonts Bild des Kapitalismus des 19. Jahrhunderts
wird wie ein großes grobes Scheusal vorgestellt, das die“ einfachen“ Leute
verschlingt“. Neben unglaublichen Reichtümern existierte unmenschliche Ausbeutung.
Andrzej Wajda übertrug dieses Buch einfach genial in die “Filmsprache“, so dass
heutzutage der Film “Das gelobte Land“ bekannter ist als Reymonts Buch.
Das gelobte Land
Schlussfolgerung
Alle Wege führen nach Rom - und wie Johann Wolfgang von Goethe in den „Römischen
Elegien“ schrieb:
„Eine Welt zwar bist du, o Rom, doch ohne die Liebe wäre die Welt nicht die
Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom“
Wirklich wunderbar, aber meine Verkehrswege, das sind die Straßen der
polnischen Literatur mit der besonderen Station: Lodz.
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